Oder: Hilfe, mein Stoffwechsel ist abgestürzt! Kaputt.
21. Mai 2019 Categories: Abnehm- und Ernährungsmythen, Abnehmen, Ernährung, Podcast
Oder: Hilfe, mein Stoffwechsel ist abgestürzt! Kaputt.
Es war einmal ein kleines Monster, das im Körper eines Menschen hauste. Wenn es seinem Wirt gut gesinnt war, nahm es alle Kalorien, schmiss sie auf ein großes Lagerfeuer und führt seinen Monster-Kalorien-Verbrennungs-Tanz auf.
War es aber schlecht gelaunt, so konnte es sein, dass es sich an sein Spinnrad setzte und aus jeder einzelnen, aufgenommenen Kalorie zwei machte! Und wenn er ganz schlecht gelaunt war, hört es damit erst im Morgengrauen wieder auf…
Ein Märchen, über das du so – oder so ähnlich – wahrscheinlich schon einmal gestolpert ist, wenn du dich mit Abnehmen beschäftigt hast.
Die Tatsache ist jedoch, dass es so ein Monster gar nicht gibt. Und auch kein anderes Wesen, das auf magische Weise ab einer bestimmten Kalorienzahl unseren Stoffwechsel „herunterfährt“. Oder plötzlich alles einlagert, was wir an Kalorien aufnehmen.
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Ein Weg, um sich hier schnell Klarheit zu verschaffen, ist zu verstehen, was unser Stoffwechsel denn überhaupt genau ist: Unser Stoffwechsel ist die Summe aller chemischen Prozesse, die in unserem Körper stattfinden. Dazu gehören die Temperaturregulierung, die Funktionstüchtigkeit unserer Organe wie Herzschlag und Hirnleistung und alle Muskelfunktionen.
Wichtig zu beachten ist, dass eine Kalorienreduktion nur sehr geringfügig zu einem niedrigeren Kalorienverbrauch führt – unser Kalorienverbrauch entspricht immer ungefähr dem normalen Körpergewicht (Jebb et al. 1991 und Weinsier et al. 2000).
Grund für einen sinkenden Kalorienverbrauch kann die abgebaute Fettmasse sein – also ein normales Resultat von sinkendem Körpergewicht.
Nimmt man während der Gewichtsreduktion zu wenig Vitamine und Eiweiß zu sich, kann es auch sein,
dass feste Körpermasse, also Muskeln abgebaut werden, sodass der Kalorienverbrauch noch weiter sinkt.
1993 wurde von Amatrude et al. eine Studie durchgeführt, die untersuchte, ob sich der Energiebedarf über das zu erwartende Maß (aufgrund des sinkenden Körpergewichts) gesenkt hatte oder nicht. Hier ergab sich jedoch kein Unterschied zwischen Frauen, die stark abgenommen hatten und solchen, die nie übergewichtig waren.
Bryner et al. (2000) untersuchte, ob sich ein verringerter Energieverbrauch ergibt, wenn man mit 800 Kalorien am Tag abnimmt. Das Ergebnis war, dass sich der relative Grundumsatz (im Verhältnis zum aktuellen Körpergewicht) nicht verändert (siehe auch Jojo-Effekt beim Abnehmen).
Es gibt kein unheimliches, kleines Monster, das bei einer starken Kalorienreduktion oder Kalorienerhöhung darüber entscheidet, dass viele oder wenige Kalorien eingelagert werden. Dein Grundumsatz ist größtenteils unabhängig von der Kalorienreduktion.
Kaloriendefizit
gleich 500
Kalorienverbrauch
minus 50
Was jedoch stimmt ist, dass sich dein Kalorienverbrauch sowohl an die Masse deines Fettgewebes als auch an deine Muskelmasse anpasst. Ebenso verringert sich geringfügig dein Kalorienverbrauch, wenn du allgemein weniger isst – was jedoch auch wieder von der Qualität deines Essens abhängt (Eiweiß verbraucht bei der Verstoffwechselung mehr Kalorien). Grob kannst du davon ausgehen, dass der Kalorienverbrauch um ca. 10% der zugeführten Kalorien sinkt, sprich bei einem Defizit von 500 Kalorien sinkt der Kalorienverbrauch um ungefähr 50 Kalorien.
Richte dein Kaloriendefizit danach aus, womit du am besten klarkommst.
Es gibt Personen und Charaktere, für die funktioniert ein großes Kaloriendefizit sehr gut – das Kaloriendefizit nehmen sie in Kauf, weil sie dadurch schneller abnehmen und so stärker motiviert sind. Genauso gibt es aber auch Personen, für die ein leichteres Defizit besser funktioniert, da sie sich auch damit gut genug motivieren können und sich lieber hin und wieder etwas gönnen. Meine persönliche Empfehlung lautet, dass das Kaloriendefizit daran ausgerichtet werden sollte, was man insgesamt an Gewicht verlieren möchte.
Tendenziell ist es effektiver, ein großes Kaloriendefizit zu fahren, wenn man viel Übergewicht verlieren möchte. Dies hat mehrere Gründe.
Erstens, Wir brauchen jede Motivation, die wir kriegen können, um langfristig durchzuhalten. Und um genau diese Motivation möglichst stark zu erfahren, hilft eine stärkere Gewichtsabnahme, die durch ein größeres Kaloriendefizit ermöglicht wird.
Zweitens, du pufferst so besser gegen Ausreißer. Wenn du nur ein leichtes Kaloriendefizit fährst und auf einer Feier mal zulangst, kann das wieder bereits alles zunichte gemacht haben.
Drittens, du kommst schneller von deinem Übergewicht runter. Das ist für deine Gelenke besser, du kannst dich besser bewegen und fühlst dich schneller fitter.